[gadi14] Nichts zu verbergen?

Wie ich letzte Woche bereits geschrieben habe, bin ich der Meinung, dass das Thema Privatsphäre im 21. Jahrhundert alles andere als eine Schwarz-Weiß-Diskussion ist. Dennoch ist es wichtig, dass diese Diskussion mit validen Argumenten geführt wird, was sie leider nicht immer wird.

(Crosspost meines zweiten Artikels aus dem Lehrveranstaltungs-Blog von Gesellschaftliche Aspekte der Informationstechnologie.)

Schwarz-Weiß

Ein beliebter Fehlschluss (“Fallacy”) ist die Prämisse, Eingriffe in die Privatsphäre sind immer böse. Ebenso falsch ist jedoch die Annahme, dass es in jeder Situation möglich ist, Daten zu anonymisieren (oder zumindest pseudonymisieren). Beides verkürzt in der Regel die Fakten.

Schon was zu verbergen

Die beliebteste Ausrede ist jedoch, wie Kollege Krenn bereits geschrieben hat, das “nichts zu verbergen” Argument. Dem würde ich jedoch nicht mit einer Aufzählung von Dingen widersprechen, die trotz allem doch jede und jeder zu verbergen hat. Ich bin nämlich der Meinung, dass es gute Gründe für Privatsphäre geben kann, auch wenn jemand nichts zu verbergen hat.

Freiheit vs. Sicherheit?

Einer, der auch dieser Meinung ist, ist der Jus-Professor Daniel Solove. In seinem (prä-Snowden) Buch, auf das ich vermutlich noch öfters eingehen werde, kritisiert er den Tausch von Privatsphäre gegen Sicherheit (für Lesefaule findet sich hier ein Auszug daraus). Solove ist beispielsweise der Meinung, dass es nicht nötig (und zielführend) ist, massenhaft und verdachtsunabhängig zu überwachen und Privatsphäre de fakto zu eliminieren, um Sicherheit zu gewinnen. Außerdem kritisiert er die Risiken, die in der Verarbeitung von durch Überwachung gewonnen Informationen entstehen. Wie wir mittlerweile wissen, ist niemand sicher vor Leaks oder einer zerstörten Reputation.

WTF?

Ein weiterer, auch von Solove aufgearbeiteter, Punkt, der in der Diskussion oft fehlt, ist übrigens eine klare Definition von Privatsphäre. Es ist schließlich nicht möglich, über Eingriffe in die Privatsphäre zu reden, und diese einzuordnen, ohne zu wissen, worin eigentlich eingegriffen wird. Oder was man eigentlich zu “verbergen” hat.

23.03.2014